Czerwinski et al. 2018:
Der Artikel stellt die quantitative Ergebnisevaluation des Programms detailliert dar, während sie im Manual gekürzt beschrieben wurde.
Es haben 292 Drittklässlerinnen und Drittklässler (aus acht Interventionsschulen und vier Kontrollschulen) und 328 Elternteile an der Studie teilgenommen. Es wurden schriftliche Befragungen vor der Programmdurchführung, unmittelbar im Anschluss und drei Monate danach durchgeführt. In die Auswertung konnten die Angaben von 291 Kindern und 313 Elternteilen (von 187 Kindern) einbezogen werden.
Erfasst wurde bei den Schülerinnen und Schülern:
1) das Wissen zu sexuellem Missbrauch (mit der deutschen Fragebogen-Version des "Tutty´s Children´s Knowledge of Abuse Questionnaire", CKAQ),
2) die Fähigkeit sexuellen Missbrauch zu erkennen (anhand von Aussagen zu Nacktheit und Sexualität, die einen vs. keinen sexuellen Missbrauch beschreiben),
3) die Auswahl von adäquaten Handlungsstrategien (anhand eines Fallbeispiels mit 15 Handlungsoptionen von passiv bis proaktiv, die es jeweils zu bewerten galt).
Um mögliche negative Effekte des Programms zu erkennen, wurden zusätzlich Ängstlichkeit (mit der deutschen Fragebogen-Version des "Screen for Child Anxiety Related Disorders", SCARED) und Berührungsabneigung (anhand von Fragen zur Abneigung bei Berührungen von Eltern, anderen Kindern, Lehrkräften oder in Menschenmengen) erhoben.
Die Eltern wurden ausschließlich zu den möglichen negativen Effekten Ängstlichkeit und Berührungsabneigung befragt.
Als Ergebnisse wurden statistisch signifikante Verbesserungen mittlerer Stärke zugunsten der Interventionsgruppen bei den Wissensaspekten (1) und den Handlungsaspekten (3) gemessen; auch drei Monate nach der Messung. Ein Anstieg der unerwünschten Effekte durch das Programm wurde nicht berichtet. Die Verbesserungen zeigten sich sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen. Allerdings wiesen Schülerinnen und Schüler, die nicht vorrangig deutschsprachig aufwachsen, insgesamt zu allen Zeitpunkten geringe Werte bei den positiven und höhere Werte bei den negativen Outcomes auf. Sie erreichten jedoch Verbesserungen in gleichem Ausmaß, wie die deutsprachig aufwachsenden Schülerinnen und Schüler. Einschränkend ist anzumerken, dass in der Evaluation keine randomisierte Zuordnung der Studienteilnehmenden erfolgte und keine längerfristigen Effekte gemessen wurden.
Diese quantitative Evaluation ist die Grundlage für die Bewertung des Programms, denn die Wirksamkeitsmessung anhand von kindbezogenen Outcome-Parametern ist das zentrale Kriterium für die Grüne Liste Prävention.
Alfes et al. 2017:
Der Artikel bezieht sich vorrangig auf die Ergebnisse der qualitativen Prozessevaluation des IGEL Programms. Die Umsetzbarkeit des Programms wurde mittels Dokumentationsbögen von 15 Lehrkräften und Interviews mit sieben Lehrkräften erfasst. Als Ergebnisse zeigten sich eine überwiegend planmäßige Umsetzung, eine große Akzeptanz und positive Stundenbewertungen. Hervorgehoben wurden die Flexibilität des Programms, die Kompatibilität mit den schulischen Strukturen sowie die sorgfältig ausgearbeiteten Stunden und bereitgestellten Materialien. Außerdem werden die Workshops und das kontinuierliche Beratungsangebot positiv bewertet. Es wurde ermittelt, dass das Klassenklima in der zweiten Unterrichtseinheit (Thema: Definition von sexuellem Missbrauch) variiert und z.T. Unbehagen entsteht. Angeregt wurde eine Überarbeitung in Richtung mehr methodischer Freiheiten, die deutlichere Berücksichtigung interkultureller Lebenskontexte, die Verknüpfung mit dem Sexualkundeunterricht sowie die stärkere Einbindung der Eltern und des schulischen Personals.
Diese Prozessevaluation mit den Lehrkräften ist nicht die Basis für die Bewertung der Grünen Liste Prävention, da hier keine kindbezogenen Outcome-Parameter im Zentrum stehen.