Jugendliche ab 16 Jahren, bzw. ab 14 Jahren, mit ersten Alkoholerfahrungen. Nicht bei Gruppen, die mehrheitlich noch keinen Alkohol getrunken haben.
Das Programm basiert auf wissenschaftlichen Theorien, wie Alkoholexzesse bei Jugendlichen aufgrund von entwicklungs- und sozialpsychologischen Motiven entstehen. Riskanter Alkoholkonsum ist demnach als Teil eines normalen Entwicklungsprozesses von jungen Menschen zu verstehen und meist kein Ausdruck einer drohenden Suchtentwicklung.
Um Alkoholexzessen und den damit verbundenen Gefahren für die Jugendlichen selbst und für Dritte (z.B. durch Unfälle) entgegenzuwirken, zielt das Programm auf Risikominimierung und setzt als Methode bei Jugendlichen, die bereits erste Erfahrungen mit Alkohol gemacht haben, eine gezielte Trinkschulung (kognitiv-behaviorale Interventionstheorie) ein.
In einem Trinkexperiment unter sichereren Rahmenbedingungen (z.B. im Nebenraum einer Gaststätte, mit bestimmten Regeln und unter Aufsicht einer Lehrkraft/ pädagogischen Fachkraft) machen die Jugendlichen in der Peer-Gruppe konkrete Erfahrungen mit alkoholischen Getränken.
In drei anschließenden Unterrichtseinheiten (3x á 50 Minuten) werden die persönlichen Ergebnisse der Teilnehmenden mithilfe von Gruppenübungen systematisch erörtert. Unrealistische, positive Wirkungserwartungen der Jugendlichen („je mehr, desto besser“) werden korrigiert und die Teilnehmenden entwickeln eigene Normen hinsichtlich ihres zukünftigen Umgangs mit Alkohol, möglichst unabhängig von Peer- und Marketingeinflüssen.
Ein abstraktes Dozieren der Risiken durch Erwachsene wird vermieden. Die Erziehungsberechtigten werden einbezogen und müssen der Teilnahme der Jugendlichen schriftlich zustimmen.
Bei Jugendlichen im Alter von 16-17 Jahren werden gemäß dem Jugendschutzgesetz nur Bier, Wein oder Mixgetränke getestet und die Trinkhöchstmenge ist begrenzt. Bei Jugendlichen im Alter von 14-15 Jahren sind Alkoholart und –höchstmenge noch stärker limitiert. Schülerinnen und Schüler, die bislang keinen Alkohol konsumiert haben, nehmen nicht an dem Trinkexperiment teil. Jugendliche, die sich nicht auf die Regeln (z.B. zur maximalen Trinkmenge) einlassen, dürfen nicht teilnehmen.
Der Ablauf des Programms:
Dazwischen Hausaufgaben (Übertrag auf die eigene Person, Entwicklung und Verschriftlichung eigener Normen, im Austausch mit den Eltern).
Das Programm kann in der Schule im Lehrplan integriert werden, an Projekttagen oder in freiwilligen Arbeitsgruppen durchgeführt werden. In anderen Einrichtungen für Jugendliche kann es angewendet werden, sofern eine ausreichende pädagogische Qualifikation und ein Autoritätsverhältnis der Betreuungsperson vorhanden sind. Lehrkräfte oder pädagogische Fachkräfte können eine eintägige Schulung zu dem Programm absolvieren (optional).
Jugendliche, die noch keinen Alkohol getrunken haben, nehmen nicht am Trinkexperiment teil.
Das Programm ist auch in Förderschulen anwendbar: Lieber schlau als blau- Ein Alkoholpräventionsprogramm für Jugendliche: Anwendbarkeit in Förderschulen.pdf
Das Fachbuch zum Programm ist ein Trainingsmanual mit Einführung ins Thema, genauen Übungsbeschreibungen und wörtlichen Instruktionen, als eBook mit Online-Materialien. Es ist verfügbar unter: Lindenmeyer, J. & Rost, S. (2020) „Lieber schlau als blau - für Jugendliche. Ein Präventionsprogramm für die Schule“, Beltz PVU-Verlag,https://www.beltz.de/fachmedien/psychologie/produkte/details/44517-lieber-schlau-als-blau-fuer-jugendliche.html
Die Website https://praevention.lieberschlaualsblau.de/durchfuehrung_studie.php unterstützt bei der Anwendung von „Lieber schlau als blau“ durch Auswertungsprogramme für alle Fragebogen und Übermittlung von Vergleichsdaten für personalisierte Rückmeldungen. Auch ein Film für Eltern (15 Min) ist über die Webseite verfügbar.
Ein Laptop ist pro 10 Teilnehmenden für den Konzentrationstest erforderlich. Der Test ist kostenfrei verfügbar. Alternativ ist ein Zahlenspiel-Plakat einsetzbar.
Es werden Atemalkoholmessgeräte oder alternativ ein kostenfrei verfügbarer Online-Promillerechner verwendet.
https://praevention.lieberschlaualsblau.de/
Buchrezension von Prof. Dr. Annemarie Jost: https://www.socialnet.de/rezensionen/7211.php
Buchbeitrag von Prof. Dr. Anneke Bühler: Bühler, A. (2021) Prävention des Substanzmissbrauchs. Lieber schlau als blau. In: A. Lohaus und H. Domsch (Hrsg.). Psychologische Förder- und Interventionsprogramme für das Kindes- und Jugendalter. Psychotherapie: Praxis, Kap. 16.3, S. 266-269. Springer-Verlag, Deutschland. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61160-9_16
Suchtpräventionsfachstelle Land Brandenburg
Carsten Schroeder
Havelländische Straße 31, 14621 Schönwalde
Mobil: 0173/6353097
E-Mail:praevention@salus-lindow.de
Lindenmeyer, J., Hanewinkel, R. und Morgenstern, M. (2014) Evaluation des Alkoholpräventionsprogramms „Lieber schlau als blau- für Jugendliche“: Ergebnisse einer kontrollierten Studie. Sucht, 60: (5), 269-277. Verfügbar unter: https://econtent.hogrefe.com/doi/epdf/10.1024/0939-5911.a000331
Lindenmeyer, J., Hanewinkel, R. und Morgenstern, M. (2012) Evaluationsbericht „Lieber schlau als blau“ -Alkoholprävention für Jugendliche in Schulen. Verfügbar unter:https://www.salus-kliniken.de/fileadmin/contents/Kliniken/Lindow/Downloads/Qualitaet/EvaluationsberichtLsb_finalNov12.pdf
Lindenmeyer et al. (2012); Lindenmeyer et al. (2014):
Die nicht-randomisierte quasi-experimentelle Interventionsstudie mit Follow-Up nach sechs Monaten, die den beiden Veröffentlichungen zugrunde liegt, vergleicht insgesamt 725 Schülerinnen und Schüler aus 9. und 10. Klassen hinsichtlich ihres Trinkverhaltens.
In der Interventionsgruppe (n=366) nahmen 252 Jugendliche an Trinkexperiment teil und 114 Jugendliche nicht (31%), weil sie noch keinen Alkohol konsumiert hatten oder die elterliche Zustimmung fehlte.
Alle Schülerinnen und Schüler wurden zu drei Zeitpunkten (vor der Durchführung des Trainings sowie drei und sechs Monate danach) zur Häufigkeit und Menge ihres Alkoholkonsums befragt.
In die Auswertung nach sechs Monaten konnten noch Daten von etwas mehr als der Hälfte der Jugendlichen einbezogen werden (n=391; Interventionsgruppe n=186, Kontrollgruppe n=205). Es zeigten sich signifikante Unterschiede mit mittleren bis starken Effekten zugunsten der Interventionsgruppe: ein höherer Anteil von Nichttrinkern, ein geringerer Anteil von Binge Drinking (mindestens 5 Trinkeinheiten in einer Trinksituation) und ein geringer Anteil von Jugendlichen mit hohem Konsumverhalten im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Die Teilnehmenden im Trinkexperiment konsumierten im Mittel 2,4 Trinkeinheiten Alkohol, was etwa 28 g reinem Alkohol entspricht, und einen Promillewert von etwa 0,63. Es waren keine Entgleisungen festzustellen und die Beteiligten fühlten sich sicher. Drei Viertel der Trainerinnen und Trainer würde das Programm erneut durchführen. Als besonders nützliche Programmelemente wurden bewertet: 1. die offene Aussprache, 2. die Notfallplanung, 3. das Trinkexperiment und 4. der Wissenszuwachs. Die Akzeptanz der Erziehungsberechtigten war sehr hoch (bei 19 von 21 Elterninfoveranstaltungen wurde dem Programm mehrheitlich zugestimmt).
Der erhöhte Anteil von Nichttrinkenden in der Interventionsgruppe deutet darauf hin, dass kein erhöhter Gruppendruck auf Nichtkonsumierende als Nebenwirkung entsteht. Die Ergebnisse zeigen, dass das universell angelegte Programm auch bereits riskant konsumierende Jugendliche sekundärpräventiv erreichen kann.
Das Programm wurde am 13.05.2024 in die Datenbank eingestellt
und zuletzt am 07.11.2024 geändert.