Verhindern des dauerhaften Abgleitens in die Kriminalität von stark gefährdeten Kindern und Jugendlichen.
Kinder und Jugendliche im Alter von 8-15 Jahren, die mindestens ein Gewaltdelikt oder drei Eigentumsdelikte begangen haben und deren Lebensumstände deutlich mit Riskofaktoren belastet sind, wie:
Die Methode orientiert sich an den individuellen Ursachen für Kriminalität und an bestehenden Risikofaktoren. Diese sollen abgebaut und zugleich Schutzfaktoren aufgebaut werden. Daher verfolgt „Kurve kriegen“ kein Standardmaßnahmenprogramm, sondern regionale pädagogische „Baukästen“ in den Behörden unter Einhaltung vorgegebener Standards (zum Beispiel: evaluierte Maßnahmen, pädagogische Konzepte, erweiterte Führungszeugnisse, Versicherung, Ausschreibungsverfahren) und regelmäßigem, persönlichem Kontakt zu Trägerinnen und Träger/Anbietenden.
Ablauf im Einzelnen:
Erstes (Risiko)Screening durch die Polizei anhand polizeilicher Daten
Im Fall der schriftlich bestätigten Teilnahmebereitschaft folgt dann ein aufsuchendes persönliches Gespräch durch eine pädagogische Fachkraft aus dem Fachkräfteteam.
Zweites (Risiko) Screening durch eine pädagogische Fachkraft anhand polizeilicher Daten und eigenen Eindrücken
Arbeit der pädagogischen Fachkraft mit Teilnehmenden, der Familie oder der Peer kann beginnen. Einbeziehen weiterer Institution bei Bedarf.
Teilnehmerorientierte pädagogische Fallbetreuung
Leitfadengestütztes Abschlussgespräch/Übergangsmanagement
Individuelle Teilnahmedauer
Die Teilnahme am Programm ist für 1 Jahr geplant und kann bei Bedarf mehrmals um jeweils 6 Monate verlängert werden.
Einen starr festgelegter Teilnahmezeitraum besteht nicht. Spätestens alle 8 Wochen prüfen die pädagogischen Fachkräfte, ob eine weitere Teilnahme an „Kurve kriegen“ sinnvoll und erforderlich ist.
Risiko-Screening-Instrumente sind nach Angabe der Anbietenden von "Kurve Kriegen" als standardisierte Verfahren in den Kreispolizeibehörden vorhanden.
(€) Für NRW gilt: Kosten für die pädagogischen Fachkräfte werden vollständig, sowie die Maßnahmenkosten bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls durch das Land NRW getragen.
Im Falle der Teilnahme ist die Einwilligung (1. Einverständniserklärung gegenüber der Polizei, 2. Einverständniserklärung gegenüber der pädagogischen Fachkraft) der Sorgeberechtigten zur Datenverarbeitung notwendig, um mit anderen Behörden/Institutionen in Kontakt zu treten, Daten zu übermitteln und sich abzustimmen.
Stabsstelle Prävention Jugendkriminalität
Ministerium des Innern NRW
Friedrichstraße 62-80, 40217 Düsseldorf
Tel.: 0211-8713313
E-Mail: SPJ@im.nrw.de.
"Kurve kriegen" wird in Deutschland derzeit nur in Nordrhein-Westfalen angeboten, bei Interesse aus anderen Bundesländern bitte an diese Adresse wenden.
Kriterien sind erfüllt.
Bliesener et al. 2015:
Beobachtungszeitraum: Mai 2012 - November 2014
Design: prospektive Interventionsstudie mit Vergleichsgruppe, hauptsächtlich Vorher-Nachherbefragung bzw. Datenerhebung
Das Programm Kurve Kriegen wurde im damaligen Zeitraum in acht Modellbehörden in NRW durchgeführt und umfasste zum Ende des Beobachtungszeitraumes 210 Teilnehmende. Davon nahmen 72 Kinder und Jugendliche (vereinzelt Geschwisterpaare) sowie deren 68 Sorgeberechtigten(-paare) an der Evaluation teil. Von diesen wiederum wurde die Gruppe der Abbrechenden mit n=29 (Abbruch von Seiten des/der Teilnehmenden: fehlende Mitwirkungsvereitschaft, Kontaktabbruch, Widerruf der Einwilligung etc.) gesondert betrachtet.
Für die Kontrollgruppe wurden 51 Kinder und Jugendliche sowie deren Familien/Sorgeberechtigte rekrutiert. Sie stammen aus fünf der acht Kreise der Modellbehörden sowie zwei zusätzlichen Kreisen und konnten aufgrund beschränkter Kapazitäten nicht in das Programm Kurve Kriegen aufgenommen werden. Für diese Gruppe erfolgten übliche individuelle Maßnahmen.
Mit der erweiterten Verweigerergruppe wurde eine weitere Beobachtungsgruppe aus 108 Familien gebildet, die sich gegen eine Teilnahme an "Kurve Kriegen" entschieden hatten. Für diese Gruppe wurden im Beobachtungszeitraum ausschließlich Daten zur Entwicklung der Deliktbelastung erhoben.
Aus der Kontrollgruppe und der erweiterten Verweigerergruppe wurde die Vergleichsgruppe gebildet.
Erhebungsinstrumente:
Ergebnisse:
Es wird darauf hingewiesen, dass die gesonderte Betrachtung der Gruppe der Abbrechenden zu einer Verzerrung der Ergebnisse in Richtung einer Überschätzung der Effekte führen kann.
Die Teilnehmenden weisen unterschiedliche Teilnahmezeiten auf. Nicht alle hatten zum Zeitpunkt der letzten Befragung das Programm bereits beendet.
Hölterhoff et al. 2016:
Die Kosten-Nutzen-Analyse der Prognos AG wurde aufgrund fehlender Effektstärken für die Programmeinstufung nicht zugrunde gelegt.
Lokale Polizeibehörden mit entsprechenden Fachkräfteteams.
Fachkräfteteams setzen sich aus pädagogischen Fachkräften anerkannter Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe und polizeilichen Ansprechpersonen zusammen
vor Ort:
Anbietender entsprechender teilnehmerorientierter Maßnahmen (Jugendamt, Beratungsstellen, freie Träger der Jugendhilfe etc.)
Nordrhein-Westfalen: aktuell (1/2024) mit 750 Teilnehmenden in 42 Standorten, seit 2011 haben 2.000 Personen an dem Programm teilgenommen, 1.200 haben erfolgreich absolviert.
In Schweden wird Kurve kriegen an drei Standorten seit September 2023 umgesetzt und wissenschaftlich evaluiert. Dänemark befindet sich in der konkreten Prüfung einer Pilotierung an einem Standort.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa empfielht "Kurve kriegen" als Best-Practice im Bereich Prävention von Jugendkriminalität.
Das Programm wurde am 13.06.2017 in die Datenbank eingestellt
und zuletzt am 18.10.2024 geändert.