Entwicklung, Erprobung und Kommunikation neuer Wege zur Lösung von Konflikten im öffentlichen Raum:
- Die an Konflikten im öffentlichen Raum beteiligten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen "auf gleicher Augenhöhe" in die Bearbeitung der Konflikte und Probleme einbinden. Dabei geht es nicht allein um eine frühzeitige und niedrigschwellige Problem- und Konfliktlösung im Sinne von Kriminalprävention, sondern um die Erprobung neuer Problemlösungsstrategien, die "Täterin bzw. Täter" und "Opfer" zu aktiven Partnerinnen und Partner bei der Bearbeitung der Konflikte macht.
- Bei der Bearbeitung von Konflikten und Problemen auch die sozialräumlichen Gegebenheiten berücksichtigen.
- Die Kompetenzen der Beteiligten zur Konfliktbearbeitung stärken. Angestrebt wird ein konfliktbezogenes, zeitlich begrenztes Engagement aller Beteiligten und Betroffenen. Das Programm stellt bei Bedarf professionelle Unterstützung durch die Programmagentur und Qualifizierungsangebote für die Konfliktbeteiligten bereit.
- Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen Regeln für das Zusammenleben aushandeln und mit Leben füllen. Der Umgang mit auffälligem und delinquentem Verhalten von Kindern und Jugendlichen soll nicht allein Sache der Kinder- und Jugendhilfe, von Polizei und Justiz sein. Vielmehr gilt es, die Erwachsenen vor Ort sowie die Kinder und Jugendlichen - unter Berücksichtigung ihrer jeweils individuellen Voraussetzungen - verantwortlich in die Lösung der Konflikte einzubeziehen.
- Vor Ort vorhandene (kriminal)präventive Strukturen zu stärken und zu nutzen. Es sollen neue Impulse für ihre Zusammenarbeit geben werden, indem ressourcenorientiert auf vorhandenen Konzepten und Kompetenzen aufgebaut wird.
Konfliktbeteiligte und weitere Akteurinnen und Akteure, die zu einer Lösung des Konflikts beitragen können
"Sich selbst kümmern" heißt, die Lösung nicht von Anderen zu erwarten, sondern die eigenen Fähigkeiten zur Konfliktlösung zu nutzen bzw. zu entwickeln. Es heißt auch, gemeinsam an der Konfliktlösung zu arbeiten. Dies setzt die Bereitschaft zur Mitwirkung der verschiedensten Akteurinnen und Akteure voraus.
Kinder und Jugendliche, die ihre Freizeit an öffentlichen Plätzen und Orten verbringen, werden von Erwachsenen oder auch von anderen Kindern und Jugendlichen oft als störend oder sogar bedrohlich wahr genommen. Zum Teil verhalten sie sich auch delinquent. Es kommt zu Konflikten zwischen Kindern und Jugendlichen untereinander oder auch zu Konflikten mit Erwachsenen wie z.B. Anwohnerinnen und Anwohnern. Die Konfliktbeteiligten sind in den meisten Fällen weder bereit noch in der Lage ihre Konflikte frühzeitig bzw. selbstständig zu lösen. Häufig wird die Polizei eingeschaltet, auch wenn der jeweilige Konflikt (noch) außerhalb ihres Aufgabenbereichs liegt. Konflikte eskalieren oder verlagern sich an andere Orte, ohne dass die Ursachen hinterfragt und die Probleme langfristig gelöst werden.
Das Modellprogramm "Wir kümmern uns selbst" fußt auf Erfahrungen aus der Kinder- und Jugendhilfe, Maßnahmen zur Lebenswelt- und Bedarfsorientierung sowie zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, die in Projekten der kommunalen Kriminalprävention und Stadt- und Gemeinwesenmediation gemacht wurden. Es knüpft an Community-Ansätze des angelsächsischen Raums an, denen die Idee des "gemeinsamen Sich-Kümmerns" im Stadtteil und die institutionelle Vernetzung in der Kommune zugrunde liegen. Es bietet keine fertigen Lösungsstrategien, die nur übertragen werden müssen, sondern eröffnet einen Raum, in dem Lösungswege entwickelt und erprobt werden.
Das Programm setzt bei konkreten Konfliktkonstellationen im öffentlichen Raum an, in die Kinder und Jugendliche involviert sind und die als Störung oder Bedrohung erlebt werden. Der Sozialraum bildet den direkten Bezugsrahmen im Konfliktbearbeitungsprozess. Jugendliche und erwachsene Konfliktbeteiligte werden aktive Partnerinnen und Partner bei der Bearbeitung von Konflikten "auf gleicher Augenhöhe". Die Unterstützung durch professionelle Beratende richtet sich an den Bedürfnissen der Konfliktparteien aus. Sie erfolgt passgenau nach Bedarf.
Die Konfliktbearbeitung erfolgt unter Mitwirkung von Konfliktkoordinatorinnen und -koordinatoren durch die Konfliktparteien selbst sowie ggf. weiterer Akteurinnen und Akteure aus dem Sozialraum bzw. der Kommune, die zu einer Lösung des Konflikts beitragen können. Die Konfliktkoordination wird für jeden Konflikt neu ausgewählt. Alle Beteiligten werden unter Berücksichtigung ihres Alters sowie ihres sozialen und kulturellen Hintergrunds frühzeitig und verantwortlich in die Lösung der Konflikte einbezogen.
Im Programmverlauf sollen die verschiedensten Akteurinnen und Aktuere eingebunden werden. In jeder beteiligten Kommune gibt es eine Kontaktperson, die das Programm koordiniert und mit der Programmagentur zusammenarbeitet. Die Auswahl eines Sozialraums erfolgt durch einen Personenkreis, der sich aus den kommunalen Strukturen und (kriminalpräventiven) Netzwerken ergibt, die in die Implementierung des Programms einzubeziehen sind. Ebenso werden vorhandene Erfahrungen in der sozialraumorientierten Kinder- und Jugendarbeit sowie finanzielle und personelle Ressourcen benötigt.
Die Programmagentur berät die Kommunen bei der Auswahl des Sozialraums, der Konflikte, ihrer Bearbeitung und begleitet die Prozesse vor Ort. Um den Erfahrungsaustausch zwischen den Standorten zu fördern, organisiert die Programmagentur halbjährlich Programmtage.
Die Erfahrungen der Programmagentur bei der Bearbeitung von Konflikten mit Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum sind in einem Praxisbuch dokumentiert. Praktikerinnen und Praktiker erhalten dort Informationen, welche Schritte in den einzelnen Phasen zu gehen sind, welche Aufgaben sich in der jeweiligen Phase stellen und bekommen fachliche Informationen sowie Tipps für die Konfliktbearbeitung.
Zu den Kosten lassen sich keine genauen Informationen finden.
Deutsches Jugendinstitut: Projekt- Wissenschaftliche Begleitung des Modellprogramms 'Wir kümmern uns selbst', online abrufbar unter: http://www.dji.de/cgi-bin/projekte/output.php?projekt=394
Lustig, S. (2004). Sozialräumliche Jugendkriminalitätsprävention. In: Onlinedokumentation der Fachtagung des Jugendhilfswerks Freiburg 'Kriminalität und Gewalt – Netzwerke für Prävention und Integration'.Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung GmbH
Frau Seusing
Bödekerstraße 7, 30161 Hannover
Tel.: 0511-39970
E-Mail: mailbox@ies.uni-hannover.de
www.ies.uni-hannover.de
Keine Äußerung bis zum 10. 10. 2011
Kriterien sind erfüllt.
Lustig et al. 2009:
Die empirische Grundlage sind vor allem 14 leitfadengestützte Interviews, die von Juli 2006 bis Dezember 2007 mit Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern an sieben Standorten (jeweils zwei Personen pro Standort) durchgeführt wurden. Ergänzend kamen Informationen aus den Dokumenten der Programmagentur (Dokumentenanalyse) und den Beobachtungsprotokollen zu wesentlichen Veranstaltungen (teilnehmende Beobachtungen) hinzu.
Es wurden ausschließlich Aspekte der Programmimplementation, Konfliktbearbeitung und der Vernetzung untersucht. Die Evaluationsergebnisse des Modellprojektes zeigten, dass das Programm eine Beteiligung von Jugendlichen im öffentlichen Raum unterstützte, Kooperationen von Institutionen und Behörden gestärkt wurden (lokale Netzwerke) und die Qualifizierung zur Konfliktbearbeitung auch einen Transfer auf andere Sozialräume ermöglichte (Nachhaltigkeit). Die Beteiligung aller Konfliktparteien war zeitweise schwierig. Deutlich wurde, dass es zur Konfliktlösung externer Unterstützung hinsichtlich Konfliktanalyse, Moderation, Mediation, Vernetzung und Beteiligung bedarf.
Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung GmbH, Bödekerstraße 7, 30161 Hannover
Berlin-Altglienicke, Düsseldorf, Guben, Hannover, Kassel, Landk. Heidenheim, Michendorf
Das Programm wurde am 25.05.2011 in die Datenbank eingestellt
und zuletzt am 25.01.2024 geändert.