Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls und des Schulklimas. Vermittlung und Erweiterung des Wissens zum Thema Risikofaktoren und Warnsignale von School Shootings. Stärkung und Erweiterung der Handlungskompetenz und Handlungssicherheit zur frühen Identifizierung und zuverlässigen Bewertung krisenhafter Entwicklungsverläufe von Schülerinnen und Schülern.
Schülerinnen und Schüler, Pädagogisches Schulpersonal (Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulsozialarbeitende, Schulpsychologinnen und -psychologen etc.)
Das NETWASS-Verfahren zur Krisenprävention ist ein strukturiertes, manualisiertes Präventionsprogramm für Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Personal. Das Programm stellt einen präventiven Ansatz der Früherkennung zur Verfügung, der weit im Vorfeld akuter Notlagen ansetzt und dazu befähigen soll, systemisch das Ausmaß von Bedrohungen besser einschätzen zu können.
Krisenhafte Entwicklungen einer Schülerin oder eines Schüler sollen frühzeitig in verschiedenen sozialen Netzwerken (z.B. Gleichaltrige, Lehrkräfte, Schulsozialarbeitende) identifiziert und Anhaltspunkte auffälligen Verhaltens sollen verlässlich bewertet werden. Im Anschluss sollen adäquate, an den Bedürfnissen orientierte Interventionen abgeleitet und umgesetzt werden. Dabei können z.B. auch Einrichtungen wie der Schulpsychologische Dienst im Sinne eines professionellen Netzwerkes eingebunden werden. Der Ansatz des NETWASS-Verfahrens basiert u.a. auf Elementen der sogenannten „Bedrohungsanalyse“. In Abgrenzung zu anderen Präventionsprogrammen soll keine direkte Beurteilung der Gefährlichkeit einer Person mittels einfacher Risikoeinschätzungen vorgenommen werden. Beispielsweise ist eine Schülerin bzw. ein Schüler, der sich in der Hip-Hop-Szene bewegt und gewaltverherrlichende Texte schreibt, noch lange kein potenzielle/r Täterin bzw. Täter. Falls eine Bedrohungsanalyse jedoch notwendig erscheint, sollten Lehrkräfte keinesfalls allein entscheiden müssen, sondern in einem Team zusammen mit Fachleuten.
Deshalb steht im Fokus des NETWASS-Verfahrens die Installation bzw. Stärkung eines Krisenpräventionsteams, das einen systematischen und interaktiven Prozess zur frühzeitigen Identifizierung von Kindern und Jugendlichen in Krisensituationen gestalten soll. Das Team kann sich je nach Bedürfnislage und Struktur einzelner Schulen aus der Schulleitung, ausgewählten Lehrkräften, Schulsozialarbeitenden und Schulpsychologinnen bzw. -psychologen etc. zusammensetzen.
Essenzieller Bestandteil des NETWASS-Verfahrens sind Fortbildungskonzepte für Lehrkräfte, Schulleitungen und weiteres pädagogisches Personal. Die Fortbildungen beinhalten neben Kenntnissen zu schwerer Schulgewalt und der Einübung des Krisenpräventionsverfahrens auch Maßnahmen zur Netzwerkbildung im regionalen Umfeld.
Im Rahmen dieser Fortbildungen sollen anhand von Fallbeispielen Bewertungskriterien („Wie kann ich es erkennen?“) erlernt, Handlungsroutinen („Was muss ich tun?“) geschult, etabliert bzw. verfestigt und Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf Schulebene aufgezeigt werden.
Die Umsetzung der Fortbildungen kann durch direktes Training des Krisenpräventionsteams an der jeweiligen Schule, durch Ausbildung von Multiplikatorinnnen und Multiplikatoren zu NETWASS-Trainerinnen und Trainern und anhand von Schulungsmaterialien im Rahmen eines kostenfreien E-Learning-Angebotes umgesetzt werden. Zur Begleitung der Umsetzung des E-Learning-Tools kann eine Blended-Learning-Variante gebucht werden.
Das NETWASS-Verfahren zur Krisenprävention erhebt nicht den Anspruch jedwedes Auftreten von schwerer Schulgewalt ausschließen zu können, sondern möchte zu deren Verhinderung beitragen.
Scheithauer, H., Leuschner, V., NETWASS Research Group. (2015). Krisenprävention in der Schule. Das NETWASS-Programm zur frühen Prävention schwerer Schulgewalt. Stuttgart: Kohlhammer.
Scheithauer, H., Bondü, R. (2011). Amoklauf und School Shooting: Bedeutung, Hintergründe und Prävention. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht.
Bondü, R., Scheithauer, H. (2009). School Shootings in Deutschland: Aktuelle Trends zur Prävention von schwerer, zielgerichteter Gewalt an deutschen Schulen. Praxis Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 58, 685-701.
Bondü, R., Meixner, S., Bull, H.D., Robertz, F.J., Scheithauer, H. (2008). Schwere, zielgerichtete Schulgewalt: School Shootings und „Amokläufe“. In: Scheithauer, H., Hayer, T. , Niebank, K. (Hrsg.). Problemverhalten und Gewalt im Jugendalter. Erscheinungsformen, Entstehungsbedingungen, Prävention und Intervention. Stuttgart: Kohlhammer-Verlag.
Fortbildung des pädagogischen Schulpersonals, Ausbildung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zu NETWASS-Trainerinnen und -Trainern
Arbeitsbereich Entwicklungswissenschaft und Angewandte Entwicklungspsychologie
Habelschwerdter Allee 45 (Gebäude Silberlaube), 14195 Berlin
Tel.: 030-83855593
E-Mail: info@netwass-projekt.de
Scheithauer, H., Leuschner, V. (2013). Schlussbericht. Projekt "Networks Against School Shootings" (NETWASS). Berlin: Freie Universität Berlin.
Verfügbar unter: https://www.tib.eu/de/suchen/id/TIBKAT%3A878919627/
Kriterien sind erfüllt.
Scheithauer & Leuschner 2013:
Quasi-experimentelle Studie mit follow-up nach 7 Monaten
Im Rahmen des NETWASS-Projektes wurde von Oktober 2009 bis März 2013 die praktische Umsetzung der unterschiedlichen Fortbildungsangebote an Schulen in Berlin, Brandenburg und Baden-Württemberg evaluiert. Die Stichprobe setzte sich folgendermaßen zusammen: T1=105 Schulen mit 3812 Lehrkräfte, verteilt über alle Bundesländer und Schultypen. Der Umfang der Analysestichprobe reduzierte sich auf 90 Schulen und 2.059 Lehrkräfte zu T2 und 85 Schulen mit 1682 Lehrkräfte zu T3. Die Bildung schulinterner Krisenteams, die Wirksamkeit, Durchführbarkeit und Akzeptanz des Fortbildungsangebotes sollte überprüft, langfristig sichergestellt und die geeignetsten Schulungsbedingungen identifiziert werden. Die Programmevaluation war als summative Evaluation mit formativer Entwicklungsphase konzipiert.
Die Ergebnisse zeigten eine hohe Akzeptanz des Programms an den beteiligten Schulen, den praktische Nutzen des Verfahrens, eine psychische Entlastung der Lehrkräfte und eine universelle und ressourcenschonende Anwendbarkeit. Des Weiteren verfügten Pädagoginnen und Pädagogen und Schulpersonal, die an der Fortbildung teilnahmen, über mehr Fachwissen, eine verbesserte objektive und subjektive Handlungskompetenz und mehr Handlungssicherheit in Krisenfällen. Darüber hinaus verbesserte sich das Vertrauen in die Kompetenz der Schulverantwortlichen.
Die Befragung nach sieben Monaten zeigte signifikante Wirkungen bei allen Beteiligten der Kollegien und des Krisenteams, jedoch etwas schwächer als direkt nach der Fortbildung: Verbesserungen des subjektiven Sicherheitsgefühls der Lehrkräfte den Lehrer-Schüler-Beziehungen und des sozialen Klimas der teilnehmenden Schulen insgesamt.
97 Schulen der Evaluationsstudie haben das Krisenpräventionsverfahren eingeführt.
Pädagogisches Schulpersonal (Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulsozialarbeitende, Schulpsychologinnen und -psychologen etc.), Polizei
108 Schulen in Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg
Das Programm wurde am 11.03.2015 in die Datenbank eingestellt
und zuletzt am 22.01.2024 geändert.